Bergeinradfahren als Beruf?

Seit einem Jahr habe ich mein Studium abgeschlossen und kann meine Haupttätigkeit nicht mehr mit „hauptsächlich studieren“ beschreiben. Auch wenn ich seit 2011 genug mit meinem Sport verdiene fühle ich mich erst seit meiner letzten Prüfung als voller Profi-Athlet. Meine Antwort auf die Frage wie ich meinen Lebensunterhalt verdiene wird größtenteils mit zwei Hauptreaktionen angenommen. Die einen staunen wieviel Glück ich habe, von meinem Hobby Leben zu können. Der weitaus größere Teil schaut erstmal nur ungläubig und kann mir kaum glauben dass „Bergeinradfahrer“ ein Beruf sein kann.pizboediscoverychannelAb wann man etwas beruflich ausübt ist sehr stark vom eigenen Lebensstil abhängig. Bei einem Wohnort abseits von teuren Metropolen, ein von gekauften Dingen unabhängigen Lebens-Glücksgefühl sowie eine in den Bergen gelernte Ethik des Weglassens kann man theoretisch auch unter Hartz IV Niveau gut leben. Für etwas materielle Sicherheit und die Option, irgendwann auf Statussymbole wertzulegen benötige ich aber trotzdem deutlich mehr. Wie ich dieses Einkommen mit einer Randsportart  verdienen kann ist für mich selbst manchmal wunderlich und liegt unterschiedlichen Tätigkeiten zugrunde. Auch wenn viele Freunde denken, dass ich nur Reise und mein Profi Leben quasi mit dauerhaftem Abenteuer- und Outdoor-Urlaub gleichzusetzen ist, stimmt das (leider?) nur zu einem kleinen Teil. Natürlich versuche ich so viele Tage wie möglich in den Bergen zu sein. Insgesamt gibt es aber mehr Zeit die ich in TV Studios, bei Vortrags- oder Auftrittsbuchungen sowie am Schreibtisch verbringe. Auch wenn einiges  davon nervig oder langweilig sein kann, reizt mein Beruf mich genau wegen dieser Vielseitigkeit noch viel mehr.8111_395029877212339_1172965666_nWenn ich an einem Tag meine Steuererklärung machen muss, zum hundersten Mal die gleichen Fragen in einem TV-Interview beantworte und dazwischen noch irgendwie Training unterbringen sollte, wünsch ich mir manchmal ein normales Angestelltenverhältnis. Wenn ich bei Bergeinrad-Touren mit Freunden Sprüche zu hören bekomme, weil ich schwierige Stellen auslasse, um das Risiko einer Verletzung zu minimieren, würde ich gerne einfach nur noch zum Spaß und ohne wirtschaftlichen Hintergrund Sport ausüben. Wenn kaum neue Buchungen im Kalender stehen, es regnet,  die Alpen so fern scheinen und ich mich nach einer sinngebenden Beschäftigung sehne, wären klare Arbeitszeiten ein Traum. Wenn ich unter immensen Druck nur einen minimalen Zeitpunkt habe, um eine neue Höchstleistung zu verbringen, wär es wunderbar etwas flexibler zu sein. Wenn ich in China komische Sätze in die Kamera sagen soll und meine Gage nur nach mehrmaligen Nachfragen kurz vor dem Rückflug bar in die Hand gedrückt bekomme, klingt ein geregeltes Einkommen sehr verlockend. Wenn ich nicht mehr genau weiß, wo die nächste Reise hingeht, weil ich vor lauter Auftritten kaum noch mitkomme, was wo stattfindet, wäre ein komplett selbstgewählter Urlaub mit den Menschen die mir wichtig sind entspannter.

Im Gegenzug dazu stehen tausende Erlebnisse, die nicht jeder haben kann. Einsame Sonnenaufgänge auf über 5000 Metern Höhe, viel Aufmerksamkeit, Annerkennung und ein bisschen Ruhm, Bekanntschaften auf allen Kontinenten, Einladungen zu Whisky-Trinken im Iran, vielseitige Tätigkeiten von Manager bis Holzarbeiter und die immer wiederkehrende Lektion, dass mit viel Geduld auch Unmögliches möglich ist.  All diese Momente lassen mich immer wieder bewusst aufs Neue für meine Karriere als Profi-Athlet entscheiden.

Ich bin froh einen so besonderen Job zu haben und für mich ist es der beste Job der Welt. Hoffentlich werde ich noch weitere, gerne auch ganz andere, beste Jobs der Welt bekommen.afischer_mettelhorn_04Bilder: Giulia Tessari, unbekannt und Alex Fischer.

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